Alpentiere – ein Naturführer von Thomas Grüner

Lange Zeit war die Welt der hohen und kargen Berge allein den Tieren vorbehalten und so fanden sie einen Lebensraum, der noch nicht durch den Menschen zerstört bzw. nur wenig von ihm beeinträchtigt worden ist. Auch heute noch gibt es in den Alpenregionen eine unglaubliche Vielfalt an verschiedensten Lebewesen. Sicherlich kennt jeder Bergwanderer das beglückende Gefühl, das man empfindet, wenn man plötzlich die Gelegenheit erhält, einen tierischen Alpenbewohner in seinem natürlichen Umfeld zu beobachten. Und wie schön ist es doch, genau dann einen Tierführer dabei zu haben, der in jeden Rucksack passt und Auskunft über das jeweilige Tier gibt. Denn oftmals reichen unsere Kenntnisse nicht weit über die bekannten Arten wie Steinbock, Murmeltier und Alpendohle hinaus. Thomas Grüner gibt mit seinem Naturführer über Alpentiere ein gelungenes Bestimmungswerkzeug an die Hand.

Der Tierführer listet insgesamt 240 Arten aus den Bereichen Säugetier, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische und Insekten auf. Bevor der Bestimmungsteil beginnt, erfolgt eine kurze und lesenswerte Einführung in den Lebensraum Alpen und eine Erläuterung des Autors zur Auswahl der Tierarten. Grüner geht dabei durchaus kritisch mit sich ins Gericht und schnell wird auch dem Leser klar, dass die Definition eines Alpentieres mehr als schwierig ist. Nur sehr wenige Tiere sind allein in den Alpen beheimatet, viele finden sich auch in anderen Lebensräumen oder sind erst durch die Zerstörung ihres ursprünglichen Lebensraumes in die Alpen vorgedrungen, wie etwa das Birkhuhn. Der Autor hat sich schließlich für jene Tiere entschieden, die man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bei einer Wanderung in den Alpen antrifft oder die eine wichtige ökologische Funktion erfüllen. Natürlich fehlen auch eine kurze Ausführung zum Aufbau des Bestimmungsteiles und ein Glossar, das Fachbegriffe mit einfachen Worten erklärt, nicht. Auf den letzten Buchseiten findet sich zudem ein Register der im Buch behandelten Tiere in deutscher und lateinischer Schreibung – selbstverständlich mit Verweis zum jeweiligen Beitrag.

Nun zum Bestimmungs- und damit wichtigsten Teil des Naturführers. Die einzelnen Tierarten sind einer bestimmten Farbe zugeordnet, in der auch die Tiernamen hinterlegt sind. Am oberen linken Rand ist die Art zudem nochmals namentlich erwähnt. Wichtig ist, dass kein „Eingriffsystem“ existiert. Man muss den Führer jeweils kurz durchblättern, um zur gewünschten Tierart zu gelangen. Da das Buch aber gerade einmal knapp über 200 Seiten hat, ist dies vertretbar. Zudem gibt es – wie bereits erwähnt – nur sechs behandelte Tierarten. Eine schnelle Zuordnung erfolgt dabei auch über die Fotos, die stets die gesamte rechte Seite einnehmen. Die Aufnahmen sind sehr gut und von vielen Tieren gibt es nicht selten zwei oder mehr Fotos. Dabei ist die Bildgröße so gewählt, dass alle wichtigen Details erkennbar sind. Bei den Vögeln findet man meist Bilder von Männchen und Weibchen sowie mitunter Fotos vom Flug, sofern diese der Bestimmung dienlich sind. Die Bilder sind mit Nummern versehen, die dem jeweiligen Tiernamen auf der linken Seite zugeordnet sind. In extrem wenigen Fällen findet sich die bildliche Zuordnung erst auf der nächsten Seite. Dies muss natürlich als Manko angesehen werden, ebenso wie die Entscheidung, die Nummern in der Beschreibung stets oben rechts abzudrucken – sie befinden sich damit nahezu in der Buchmitte und werden – gemäß unserer Leserichtung – erst zuletzt erfasst. Diese kleinen Fehler werden jedoch, das muss man deutlich sagen, von den vielen Vorzügen des Buches aufgewogen. Die Beschreibungen enthalten nicht nur den geläufigen Namen, sondern auch die wissenschaftliche Bezeichnung der Tiere. Es folgen drei markante Merkmale, die, sofern möglich, mit Buchstabenkennzeichnungen im Bild nachvollziehbar sind. Mithilfe dieser Merkmale und der Bilder ist eine schnelle, erste Bestimmung möglich. Die genaue Kontrolle erfolgt mit den ausführlichen Beschreibungen zu den Themen Merkmale, Lebensweise, Lebensraum, Verbreitung und ähnliche Arten. Die Erläuterungen enthalten nicht nur für die Bestimmung relevante Details, sondern auch wissenswerte Hintergrundinformationen, jedoch stets in knapper, prägnanter Form. Man kann damit sicher sein, keinen unnötigen Ballast mit sich herumzutragen. Es bleibt jedoch zu erwähnen, dass der Naturführer mit circa 350g nicht ganz leicht ist. Was bei einer kleinen Bergwanderung verschmerzbar ist, kann bei einer Hüttentour durchaus zum wichtigen Auswahlkriterium werden.

Kurzum „Alpentiere“ von Thomas Grüner ist ein hervorragender Naturführer für Tierfreunde, die im Alpenraum unterwegs sind und Tiere nicht nur beobachten, sondern auch bestimmen möchten. Durch die ausreichend großen und sehr gut ausgewählten Bilder ist die Bestimmung leicht und einfach möglich. Sinnvolle Hintergrundinformationen ergänzen die Beschreibungen und bringen dem Leser die Tiere so noch näher. Auch eher ungewöhnliche Tierarten, die aktuell nur in wenigen Alpenregionen leben, wie etwa Bär und Wolf, haben Eingang in den Naturführer gefunden. Ein Buch, das man sicherlich mehr als einmal zur Hand nimmt!

Christiane Fischer

Zur Leseprobe

Zurück