Wilde Wege im Bayerischen Wald

Jetzt, wenn die Sonne am Himmel nur ein seltener Gast ist und man sich vor dem Wetter einfach nur verkriechen möchte (ein richtiger Winter ist ja weit und breit nicht in Sicht), da schweifen die Gedanken schon einmal ab. Da kommen einen plötzlich die verlängerten Wochenenden zu Himmelfahrt und Pfingsten in den Sinn und ein möglicher Kurzurlaub. Wohin aber soll die Reise gehen? Der Bayrische Welt ist sicherlich wieder mal einen Besuch wert – vor allem, wenn man dann auch noch das Rother Wanderbuch „Wilde Wege. Bayerischer Wald“ von Eva Krötz im Gepäck hat.

Noch nie von den Wilden Wegen gehört? Diese Sondertitel sind noch recht neu im Wanderbuchprogramm und sollen den Leser auf unbekannte Pfade, alte, längstvergessene Wege und ehemalige Jägersteige führen. Als Belohnung locken Abgeschiedenheit und wilde Natur – sogar in solch touristisch stark frequentierten Gebieten wie dem Bayrischen Wald. Die Autorin hat es dabei jedoch gar nicht so einfach. In der Kernzone des Nationalparks darf man nur an zwei Monaten im Jahr unmarkierte Wege und Grenzpfade begehen und eine Veröffentlichung dieser wiederum ist nicht gewünscht. Es führen daher nur sehr wenige Wanderungen in das Zentrum des Nationalparks und diese wiederum verlaufen auf zumeist durchgehend markierten Wegen. Enttäuscht muss man deswegen aber keinesfalls sein. Das Buch hält immerhin 50 Touren bereit und Flora und Fauna danken uns unsere Rücksichtnahme auf ihre letzten Schutzgebiete.

Die zeitliche Länge der Touren variiert zwischen unter einer Stunde bis hin zu sechs Stunden, im Mittel liegen sich zwischen drei bis vier. Die Anzahl der Kilometer ist auf den ersten Blick auf der inneren Umschlagseite nicht erkennbar, findet sich jedoch immer in den Kurzinformationen zu jeder Wanderung. Diese Entscheidung ist zu begrüßen, da im anspruchsvolleren Gelände die Gehzeit deutlich aussagekräftiger ist. Über 90% der Touren sind mit einer mittleren Schwierigkeit eingestuft, nur vier sind leicht und drei schwer. Geschuldet ist dies vor allem dem Anspruch an die Orientierungsfähigkeit. Die Autorin weist explizit daraufhin, dass für die Touren unbedingt ein GPS-Gerät und bei Bedarf auch Kartenmaterial zu empfehlen ist; passend dazu können die gesamten GPS-Tracks von der Rother-Website geladen werden. Passend auch, dass die kleinen Wanderkärtchen im Buch oft sehr kleinformatig daherkommen. So ist zwar eine grobe Orientierung möglich, man wird aber doch geneigt sein, das GPS-Gerät einzupacken, vor allem, da viele Wege wirklich nicht oder nur unzureichend markiert sind. Entsprechende Ruhe wird man auf den Wanderungen finden, allein 16 Touren sind mäßig, nur eine häufig und der Rest wenig begangen. Schön finde ich, dass die meisten der Wanderungen kindgerecht sind – natürlich wird man mehr Zeit einplanen und auch hier und da vielleicht abkürzen müssen, aber der Autorin ist doch viel daran gelegen, auch die nächste Generation an einer möglichst unverfälschten Natur teilhaben zu lassen.

Wo übrigens die Wanderkärtchen nur wenig Platz einnehmen, bleibt mehr für Fotos frei. Und so kann man sich in der Vorbereitung schon ein recht gutes Bild davon machen, welche Landschaftscharakteristik einen erwartet. Die für Rother-Verhältnisse ausführlichen Einführungstexte in die Wanderungen tragen ihr übriges dazu bei. Meist finden sich hier lesenswerte Rückblicke in die Geschichte, Sagen oder auch einige Zeilen, was die Reise per pedes bereithalten wird. Der Schreibstil von Krötz ist absolut positiv hervorzuheben. Im Allgemeinen Teil, der genau die richtige Länge hat und Themen wie Gehzeiten, Höhenunterschieden, Ausgangspunkt, Karten, GPS-Daten, Wandern mit Kindern, allgemeine Hinweise und noch ein Kapitel zur Urlaubsregion Bayrischer Wald bereithält, hatte ich beim Lesen schon fast vergessen, dass es sich um einen Wanderführer handelt (und das passiert mir wirklich nie!). Man spürt, wie sehr Krötz die Natur und ihre Erhaltung am Herzen liegt und wie sehr sie selbst die wilden Wege liebt. Man könnte sagen, dass ihr Weg Achtsamkeit ist, den ohne diese ist das Begehen wilder Wege definitiv nicht möglich. Die Tourenbeschreibungen selbst sind länger und genauer als sonst üblich und – zumindest hatte ich beim Lesen den Eindruck – bilden eine gute Basis für die Orientierung. Immer wieder sind kleine (aber keinesfalls störende!) Nebensächlichkeiten eingearbeitet, jedoch nur an Stellen, an denen es sich auch wirklich anbietet und man nicht gerade ob der Wegfindung verzweifelt.

Kurzum: wieder einmal präsentiert Rother einen gelungen Wanderführer, der bei einer Reise in die entsprechende Destination nicht fehlen darf!

Christiane Fischer

Zurück