Ausbildung zum Trainer C Sportklettern Breitensport Indoor
Tag 1
Falls sich noch jemand an den letzten Bericht erinnert, vor fast genau drei Jahren sind Marcel und ich (Matthias Hamann) in Kassel zur Ausbildung des Kletterbetreuers gewesen. Auf der Rückfahrt hatten wir solches Schneetreiben, dass ich mehrfach froh war, NICHT der Fahrer zu sein. Naja was soll ich sagen, diesmal war ich es. Die ganze letzte Woche war eigentlich für meine Winteransprüche recht schön. Wenig bis kein Neuschnee und Temperaturen von um die 0°C. Die ganze letzte Woche, hatte ich keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass das auch wieder anders sein könnte.
Und was war, als ich Sonntagfrüh voller Vorfreude aufstehe? RICHTIG Schneetreiben, bisher kein Winterdienst und Minusgrade. KLASSE! Gegen halb 2 machte ich mich aber dann wie geplant auf den Weg. Das Navi sagte etwa 3,5 Stunden Fahrzeit voraus und so hatte ich noch circa eine Stunde Reserve. Für die ersten 35 km brauchte ich allerdings schon über eine Stunde. Mein Navi quälte mich mit so einer sadistischen Genauigkeit und Präzision, dass man schon denken konnte es wäre Absicht. Ich denke ES weiß ganz genau, damit ich ohne aufgeschmissen bin und nutzt dies mehrfach schamlos aus. Nicht nur, dass ES mich teilweise Überland schickt und sich die voraussichtliche Fahrzeit kaum ändert, weiterhin 3,5 Stunden, denn ich fahre aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse nur 50 statt der errechneten 100 km/h, auch, dass ES mich vorerst nicht auf die Autobahn lotst weil es seiner Meinung dort "nur langsam voran geht" nervt mich wieder. Ich werde mir wohl bald noch einfallen lassen welchen Namen ES bekommt, damit ich ES bald auch standesgemäß beschimpfen kann.
Nebenbei fällt mir während der Fahrt zu allem Überfluss auch noch ein, dass ich eigentlich zu Hause nochmal aufs Klo gehen wollte. Wenn ich ehrlich bin, fällt es mir nicht ein, ich merke es schon. Mich bei dem Sauwetter draußen hinzustellen und evtl. nicht mehr mit dem Auto dort loszukommen ist aber keine gute Idee. Ich rolle also weiter. Langsam und bedacht. Einige Autos liegen rechts und links im Graben oder Feld. Das schreckt ab und entschleunigt weiter. Aber dann, endlich, schickt mich das Navi auf die A4. Jetzt geht es mir besser. Irgendwann erreiche ich Thüringen und schon wird der Schnee weniger, bald ist gar keiner mehr da und noch ein wenig weiter sind sogar die Straßen wieder trocken. Jetzt läuft’s... Tempomat angeschaltet und Kilometer gespult. Kurz vor Kassel fällt mir wieder ein, dass ich ja aufs Klo muss. Aber so kurz vorm Ziel nochmal anzuhalten ist ja auch albern. Also nochmal an was anderes denken und durchhalten. Ich komme kurz vor 5 Uhr im Hotel an und bitte die Empfangsdame mir vorm einchecken den Weg zum Klo zu beschreiben, sie lacht nur. Danach noch schnell die Formalitäten geklärt und das Zimmer bezogen. Mein Zimmergeselle ist auch schon da und hält derweilen noch ein Nickerchen. Wir begrüßen uns, quatschen ein wenig und machen uns dann in aller Ruhe auf den Weg zur kletterhalle. Dort warten auch schon die nächsten Teilnehmer. Nach und nach trudeln alle ein und wir starten fast pünktlich um kurz nach 6 Uhr mit Begrüßung, Vorstellungsrunde und einem groben Ablaufplan für die kommenden Tage. Die Truppe scheint sehr nett und die eine oder andere Bekanntschaft wird beim gemeinsamen Abendessen noch etwas weiter ausgeführt. Wer klettert wie lange, wo, was sind die Hausgebiete usw. usw.
Tag 2
Die Nacht war, wie war es anders zu erwarten, nicht wie zu Hause. Das Bett ist anders, die Bettwäsche fühlt sich komisch an und neben mir im Ehebett schnarcht ein „fremder“ Mann. Gegen halb 7 klingelt die Kirchenglocke ... GENAU GEGENÜBER! Das Fenster ist zwar zu, aber das nützt nur wenig. Ich hatte mich mit meinem Zimmergesellen schon am Vortag ein wenig abgesprochen und so müssen wir beide so früh am Morgen nur wenige Worte wechseln. Bad? Du zuerst? Frühstück ... mmmh. Der Tag startet nur langsam, aber was soll auch die Eile. Die anderen sehen so früh am Morgen auch noch verknittert aus. Beim gemeinsamen Frühstück lockert sich durchs Kauen der Kiefer und spätestens nach dem ersten Schluck Kaffee kann man endlich die ersten vollständigen Sätze vernehmen. Man spricht sich ab, wer läuft, wer fährt mit dem Auto oder mit der Straßenbahn. Bei mir läuft’s mal wieder, ich kenne ja die Strecke, das Auto steht auf einem guten Parkplatz, den ich nicht abgeben möchte und dreißig Minuten zum warm werden sind nicht das Schlechteste. Einige schließen sich an und gemeinsam geht’s Richtung Halle.
Pünktlichst angekommen halten uns die Trainer schon die Tür auf. Im Seminarraum wird noch kurz der Tagesplan besprochen und dann geht’s auch schon ans klettern. Naja nicht ganz. Unser Trainer Roland besteht auf eine Aufwärmung und macht daraus eine Art Spiel. Wir laufen quer durch die Halle, hinter und vor den Seilen entlang, runter ins Grifflager, wieder hoch in den Boulderbereich, zurück in die Kletterhalle, laufen am Platz, Hände kreisen, Füße kreisen, Fäuste ballen usw. usw. und nach etwa zehn Minuten gibt er die Halle dann doch endlich frei. Die Teams sind wieder recht schnell gebildet, mein Zimmergeselle und ich sind etwa gleich schwer, wir kennen bereits des anderen Namen und hegen glaube ich sonst keine Befindlichkeiten. Ich starte mit einer 5, mein Kollege zieht hinterher.
Nebenbei geht immer wieder mal ein Blick auf die Trainer, denn diese prüfen nicht nur uns, sondern auch das Routenpotenzial der Halle und die Bewertung. Morgen ist ja Kletterprobe. Zu schaffen ist eine 6+/7- für den Trainer C. Beim Betrachten der Kollegen sehe ich einige in 7+/8-/8 rumklettern... IM GEFÜHLT 20 M LANGEN ÜBERHANG! Das sieht schon stark aus. Ich schaue wieder auf meinen Kletterpartner, der im Übrigen von sich selbst sagt, er hätte die Fallsucht und so kommt es dann auch. Beim Versuch eine von den Trainer gekletterte 6+ vorzusteigen, fällt er aus dem Überhang und mit dem Kopf zuerst in die Tiefe. Der Gurt sitzt aber Top und alles geht gut aus. Wir zwei klettern danach weiter den Trainern hinterher und ahnen so schon mal was für Routen vielleicht in Frage kommen.
Nächster Punkt sind Halbautomaten, Autotuber und Neuerungen bei Sicherungsgeräten allgemein. Trainer Winnie hat einen ganzen Bund voller Geräte mit und erklärt die wichtigsten Neuerungen und Unterschiede. Winnie verteilt danach ein paar Geräte. Wir sollen uns damit vertraut machen und dann gleich mal vorstellen. Wir bekommen den Fish. Eine Mischung aus Smart, Grigri und Ergo. Ralf und ich schauen uns an und beginnen das Gerät auseinander zu nehmen. Piktogramm ist drauf, also legen wir das Seil ein und machen Trockenübungen. Nach ein wenig hin und her binde ich mich ein und beschließe so das neue Geräte in leichtem Gelände zu testen. Ganz kurz: ICH würde es mir nicht kaufen aber einige Kollegen waren davon sehr begeistert. Für mich neu und spannender war zum Beispiel der Lifeguard – eine Art "mini Grigri", denn ich schon mehrmals im Internet gefunden aber nicht weiter verfolgt hatte. Er gefiel mir aber trotz großem Interesse eben genau wegen der Größe schließlich doch nicht. Zu klein, zu fitzelig/fummelig. Gefallen aber hat mir zum Beispiel die Erweiterung "Smarter" für den Smart 2.0. Oder auch der neue ClickUP. Dies sind für mich richtige Weiterentwicklungen, welche man auch im direkten Vergleich zeigen und anpreisen kann.
Als nächstes stand dann jedenfalls Sturztraining und dynamisches Sichern auf dem Plan. Hier waren mir viele voraus, denn in neueren Kletterbetreuerkursen ist dies bereits Teil der Ausbildung. Mein Defizit wurde ausgebessert und die fehlende Praxis nachgeholt. Im Übrigen sagt man nicht mehr Defizit oder Fehler, sondern Ressourcen, da man die negativen Eigenschaften nicht mehr noch weiter schlecht reden will.
Da ich wusste, dass wir am Abend wieder irgendwo essen gehen, beschloss ich meine Mittagspause sinnvoll zu nutzen und inspizierte den Boulderraum. Dort lächelte mich sogleich ein Moonboard an. Das Moonboard ist eine international verfügbare Boulderwand mit festgelegtem Rasterabstand, Griffen und Tritten. Wahlweise in 25° oder 40° Neigung. Mittels App gibt es so tausende Routenvorschläge die eben weltweit probiert und trainiert werden können. In Kassel mit einer 40° Neigung und den Griffen Hold Set A, B und School Holds ergeben sich mal locker 24.432 angemeldete Routen zum jetzigen Zeitpunkt. Die leichteste ist eine 6B+ und die schwerste eine 8B+. Geschafft habe ich ganze drei Routen, davon allerdings zwei Mal die gleiche ... Wenn da mal nur die Neigung nicht wäre! Sauschwer für mich.
Im weiteren Tagesverlauf wurden noch Unfallschäden und deren Prävention behandelt bevor es gegen 17.30 Uhr wieder Richtung Hotel ging. Natürlich zu Fuß... Läuft!
Tag 3
Dienstagmorgen wache ich mal nicht vom Glockengebimmel, sondern vom Handy auf. Es ist 6.55 Uhr. Bedeutet aber immerhin, dass ich diesmal besser geschlafen habe. Das Hauptthema für den Tag ist die Prüfung des Kletterkönnens. Wie gesagt 6+/7-. Ich bin wie erwartet sehr entspannt und versuche dies unbewusst auch auf meinen Kollegen zu übertragen. Der macht sich nämlich ganz schön Sorgen. Vielleicht ja auch ein wenig begründet, ihr erinnert euch an den Sturz vom Vortag? Es kam dann nämlich noch ein weiterer dazu. Ich versuche zu beruhigen und meine: die Routen kommen eh nicht dran, schau hier hinten die kannst du doch, du musst nur zwei von drei schaffen und hast sogar vier Versuche, lass die andern erstmal vorklettern und schau dir an was gut und schlecht geht... Wir klettern uns wieder miteinander ein und ich lasse ihm alle Freiheiten, um mich soll es jetzt nicht gehen.
Nach etwa einer Stunde sammeln sich bereits alle und warten auf die Verkündung der zu kletternden Routen. Es werden zwei 6+ Routen und eine modifizierte, die aus einer 7- und 6 von den Trainern zusammen bzw. auch auseinander definiert wurde. Genau mit der starte ich auch als erster und tue mich dann doch schwerer als gedacht. Die einzelne 7- fand ich besser. Ich klettre eben ungern bunt und dann auch noch auf „Leistung“. Egal, erste Route geschafft und einen Haken auf der Liste.
Meinem Kollegen kann ich diese aber nicht empfehlen. Er plant aber auch schon mit der bekannten roten 6+ anzufangen. Ist genau richtig so! Wir stellen uns hinten an und beobachten die anderen. Vor allem an der grünen 6+ welche ich bis dahin völlig ignoriert hatte. Sieht schwierig aus. Auch einige gute Kletterer von uns tun sich schwer. Wir sind an der roten an der Reihe und mein Kollege startet seinen ersten Versuch. Aufgeregt und sichtbar verunsichert. „Ist der tritt rot oder orange?“, höre ich ihn öfter mal fragen. ROT, nein nicht der, ich bange, dass er nicht vor Aufregung falsch tritt. ABER völlig Fehlerfrei und sichtbar stolz und gelöst kann ich ihn nach wenigen Minuten ablassen. Erste Route abgehakt und damit schon die Hälfte geschafft plus noch immer drei Versuche zu Verfügung! Wir tauschen fix die Rollen und ich hole mir den zweiten Haken und somit auch schon die bestandene Zwischenprüfung. YIPPIE!
Als nächstes, will ich aber noch die unbekannte grüne probieren. Zu verlieren hab ich ja nichts mehr, meinem Partner hilft meine Einschätzung sicher auch, Zeit ist noch mehr als ausreichend vorhanden und damals hatte ich mit Marcel auch alle drei Routen gemacht. Ich steige ein und merke schnell, dass die schon eine andere Nummer ist. Viel kleinere Griffe und Tritte, wenig zum Ziehen, Körperschwerpunkt ist hier enorm wichtig. An der beobachteten Schwierigkeit komme ich aufgrund meiner Länge gut vorbei nur, das Klicken danach ist unschön für mich. Erfolgreich wieder unten angekommen halte ich sofort Rücksprache mit meinem Partner: „Also wenn Verschneidung bei dir geht, mach lieber die Gemischte. Die hier ist deutlich schwerer.“ Er zögert nur kurz und scheint mir zu vertrauen.
Wir sprechen die Rot/weiß/rote Route nochmal durch, holen uns nochmal eine Absicherung bei den Trainern zu den zu verwendeten Griffen/Tritten und starten in die Route. Der erste Teil wird nur rot geklettert, macht er super, danach kommt nur noch weiß, macht er auch gut, fragt nur zu früh nach den anderen roten Griffen. An den roten angekommen, kommt er gut auf das letzte Drittel und will dann aber nochmal die Farbe wechseln. Aufgeregt wie ich bin schreie ich ihm zu: „rot, Rot, ROT!“ Hat aber gewirkt, denn er lässt die Finger von weiß und kommt richtig gut ans Ziel. GESCHAFFT! Unten angekommen freuen wir uns beide und ein Lachen liegt auf den Gesichtern. "Jetzt will ich aber auch noch die Grüne probieren.“, sagt er. Ohne Druck und ohne Angst steigt er auch hier wirklich gut vor. Eine Pause im Seil nimmt er sich an der schon bekannten Stelle und kommt danach auch super oben an. Hätte also vielleicht auch hier geklappt.
Nachdem nach und nach alle Teams fertig werden und viele auch alle drei Routen durchgestiegen sind, treffen wir uns im Schulungsraum. Standardbewegungen stehen auf dem Plan. Mein persönliches Augenmerk der ganzen Woche. Hier geht es viel um Technik und deren Analyse. Wir teilen uns in zwei Gruppen auf und gehen dadurch mit insgesamt etwas mehr Zeit die einzelnen Stationen durch. Für mich war hier viel Neues dabei, aber auch ein klein wenig aus dem Kurs vom Kletterbetreuer, was ich aber ehrlich gesagt in den letzten Jahren auch nicht mehr weiter verfolgt bzw. beachtet hatte. MIST!, denn genau diese Sachen fallen mir heute immer noch schwer. Schlechte Angewohnheiten gehen eben leider auch nicht leichter weg nur weil sie schlecht sind. Meine Bewegungsabläufe sind wenig am geforderten Standard und ich lerne somit gefühlt das Klettern wieder fast neu. Eine Videoanalyse hilft hier aber ganz gezielt auf „Ressourcen“ einzugehen und zumindest in vordefinierten Routen die eigenen Macken zu unterdrücken. Als letztes werden die Themen der morgigen Methodikübung verteilt (ein Thema geht immer an zwei Personen) und allgemeiner Unmut tut sich breit. Mein Thema „Entkoppeltes Vorbereiten“ finde ich nicht das schlechteste und erwische nebenbei auch noch eine tolle Partnerin, die nicht nur ein wenig Lektüre darüber dabei hat, sondern das Thema auch noch äußerst eindrucksvoll darstellen kann. Wir verabreden uns nach dem Essen zur Ausarbeitung der wichtigsten Punkte und ich beende daher auch sehr zufrieden den Tag bei Bier, Billard und Dart.
Tag 4
Der Tag startet wie gewohnt um 6:55 Uhr und damit noch vor dem Gebimmel der Glocken gegenüber. BOAH! Hab ich aber heute gut geschlafen! Warum eigentlich? Wegen den vielen Bier vom Vortag? Wegen der geschafften Kletterprüfung? Keine Ahnung und eigentlich schon wieder egal. Das Frühstück ist wie gewohnt, genauso der Fußmarsch zur Halle. ABER: heute ist Methodikübung! Wir erhalten noch eine Stunde zur Vorbereitung der Routen und zum Durchgehen des eigenen Ablaufplans. Der Trainer schlägt vor, mit mir anzufangen und ich hab auch nichts dagegen. Ich hab sowas oft zudem gerne schnell hinter mir. Die Lehrübung lief, wie ich finde, nicht optimal aber die Resonanz von der Gruppe und dem Trainer war soweit trotzdem gut. Die Anmerkungen nehme ich immer gerne mit und mache mir im Laufe des Tages auch selbst nochmal darüber Gedanken anhand der Beispielübungen der anderen.
Nach jeder Lehrdemo gibt es eine Feedbackrunde der gesamten Gruppe und wirklich KEINER hat hier in irgendeiner Art schlecht oder gar spöttisch den anderen gegenüber gesprochen. Besonders das hat mir sehr gefallen. Wie auch schon die ganze Woche hilft man sich gerne und bereitwillig. Diese offene Runde zum Beispiel, mit nützlichen Tipps, was war besonders toll oder wo sind Sachen evtl. und wie zu optimieren – ganz große Klasse. Nachdem dann auch alle durch waren, ging es an die Vorbereitungen der Prüfung Klettertechnik.
Wir bekamen zwei Stunden Zeit, bewaffneten uns mit Handy oder Tablets und versuchten in dreier Teams, die für uns optimale Route zu finden, um möglichst viele der gelernten Standardbewegungen gut sichtbar und flüssig unterzubringen. Meine Erkenntnis des Tages war an dieser Stelle, dass eine gute Pause mehr wert ist als das sture Üben einer speziellen Sache die bisher gegen die eigene Natur ist/war. Ein wenig Abstand hat mir geholfen, besser und vor allem weniger verkrampfter zu klettern und dann vorerst zufrieden von der Wand zu gehen.
Tag 5
Auch wenn die Kursmitte eigentlich schon hinter uns liegt, gab es heute ein paar Rückmeldungen von den Trainern aber auch von uns zum bisherigen Verlauf unseres Kurses. Wie zu erwarten, gab es viel Lob für die Trainer, welches diese gerne an uns zurückgaben.
Hauptinhalt des neuen Tages war dann schließlich das Taktik-Training und die Analyse von Routen im Grenzbereich. Da wir aber zuvor im Boulderbereich ein paar schöne Spiele und Übungen gemacht hatten, dachte ich zwischenzeitlich meine „Matsch-Arme“ fallen ab und als Grenzroute eine glatte 6 nehmen zu müssen. Dies wurde aber so von den Trainern nicht akzeptiert, als Minimum gaben sie mir eine 7+ vor. Zumindest für den Moment war ich absolut sprachlos. Ich war bereits vor dem Mittag total platt und hatte mir noch nicht mal eine Route ausgeschaut!
Nach etwa 45 Minuten waren die Arme zum Glück wieder ok und meine Kletterpartnerin und ich hatten eine passende 7+ gefunden und versuchten die für uns jeweils schwierigen Stellen von unten zu analysieren und dann während des Kletterns in Variationen zu lösen. Für mich gab es zwei Schwierigkeiten im Vorstieg, die ich leider nicht auf Anhieb geschafft habe, vielleicht aber auch zum Glück, denn sonst hätte ich eine 8- angehen müssen. Mit etwas Abstand und auch dank der Tipps meiner Seilpartnerin, löste sich Problem Nr. 1. Problem 2 war dann einfach nur ein Fehler wegen falscher Griff- und Trittreihenfolge und konnte dann adhoc geklärt werden. Nun brauchte ich nur noch ein Video des Ganzen und kümmerte mich vorerst wieder um die Probleme meiner Seilpartnerin. Sie ist um einiges kleiner als ich und wollte nach wenigen Versuchen nur noch bis zur vierten Exe. Eine neue Route auszusuchen schien aber auch keine Option für sie. Irgendwie also eine Sackgasse. Nach ein wenig reden und ihrem ernüchternden Gespräch mit den Trainern, ob das nicht reiche, setzte sie neu an und siehe da nach wenigen Versuchen kam sie sogar bis Exe sieben und hatte damit ihr Ziel und vielleicht auch die Erwartungen der Trainer erfüllt bzw. übertroffen.
Trotz der Erfolge der gesamten Truppe, schwang eine leicht beklemmende Stimmung mit. Schließlich sollten heute noch die Themen für die MORGIGE Methodikprüfung ausgegeben werden und am Freitag wartete schließlich noch die Technikprüfung. Nach ein wenig Auswertung und hin und her verteilten die Trainer die Aufgaben und ließen uns die Routen aussuchen bzw. vorbereiten und standen bei Fragen zur Verfügung.
Mein Thema lautete „Hüftauslösung – eingedreht“ – JA, SUPER! Weil ich ja auch sonst so der Hüftakrobat bin… Meine neue Kletterpartnerin hatte zudem erstmal nur wenig Lust darauf und wir suchten im oberen Boulderbereich nach Beispielrouten. Da dies allerdings ohne großen Erfolg blieb, meinte ich zu ihr, doch noch einmal unten nach passenderen Routen schauen zu wollen. Wir hatten zwar Stellen für Demos gefunden, aber meist immer nur eine pro Übung. Viel Um- oder Dazuschrauben wollten wir beide nicht. Im unteren Boulderbereich sah es dagegen schon besser aus. Wir beide hatten etwa den gleichen Plan und kamen so deutlich schneller überein. Schon fast ein wenig perfekt fand ich auf einmal unsere gemeinsame Vorbereitung. Später am Abend sprachen wir uns nochmal ab und lasen in den Büchern der Kollegen, um noch dies und das ergänzen zu können und nichts zu vergessen.
Leider ging es meinem Bettnachbarn da ganz und gar anders. Sein Partner war ihm nur eine geringe Hilfe. Ihr Thema war nicht ganz klar und auch das Konzept steht und fällt damit. Ich bot ihm daher an, einfach mal vorzutragen, was er hat und so ergänzten und verfeinerten wir den bisherigen Plan bis zumindest ich zu müde war, um weiter machen. Ich weiß nicht wie lange und wie oft er noch am Konzept geschrieben und verfeinert hat, aber früh war er fertig und, so schien er mir viel besser vorbereitet als noch am Abend.
Tag 6
Heute ist es soweit, der Tag der Entscheidung, hop oder top, glücklich gehen oder wiedersehen. Komischerweise bin ich gar nicht so sehr aufgeregt wie vermutet. Ich gehe auf dem Fußweg zu Halle im Kopf den Kurs, den ich halten soll, einmal durch. Auf was muss ich achten? Was darf ich nicht vergessen? Wo müssen heute noch Tritte oder Griffe geschraubt werden? usw. usw. usw... In der Halle angekommen haben wir etwas mehr als eine Stunde Zeit, um die Routen und auch uns noch einmal vorzubereiten. Reicht auch aus, ich hab nicht mehr viel zu tun. Meine Demopartnerin und ich gehen nochmal unsere Pläne gemeinsam durch und scheinen beide ende zufrieden zu sein. Da wir die Einzigen sind, die im unteren Bouldebereich etwas vorbereitet haben, soll einer von uns auch anfangen. Ich melde mich freiwillig, so hab ich es wie gewohnt gleich hinter mir. Mein Kurs lief für mein Gefühl echt gut. Ich hatte nur wenige und kleinere Hänger. Mein Ablauf und die Übungen kamen nicht durcheinander und auch das Ende war, wenn auch improvisiert, gar nicht schlecht. Sogar die Zeit habe ich fast genau ausgeschöpft. Das war allerdings zugegebenermaßen einfach nur Glück! Nachdem ich fertig war und auch die ein oder andere Beurteilung meiner Kollegen bekommen hatte, war ich zuversichtlich, zumindest hierbei bestanden zu haben. Die anderen Kurse liefen derweil auch gut bis sehr gut mit jeweils verschiedenen Qualitäten und Herangehensweisen. Genau das hilft mir aber auch selbst ganz besonders. Es ist doch viel toller aus einem großen Topf von Methoden und Taktiken auszuwählen bzw. abzuschauen, als immer nur die gleiche Art und Weise serviert zu bekommen.
Nachdem alle fertig waren und die lange Mittagspause überstanden war, stand nur noch die Klettertechnikprüfung an. Ich gehe noch einmal in unsere Route und entscheide schließlich, dass das an Übungen reichen muss. Es wird nicht mehr besser, die Informationen in meinem Kopf sind einfach mittlerweile auch einfach zu viele. Gerne wäre ich auch hier wieder als erster fertig und erlöst gewesen, aber unsere 3er Gruppe kam erst als 3. (vorletztes) dran. Als erstes starteten unsere Teenager im Alter von 18, 18 und 19 mit einer so gut einstudierten Bewegung, dass man schon von einer Choreografie und einem Tanz an der Wand sprechen darf. Die drei Jungs waren auch schon die ganze Woche in einer spitzen Form und super anzuschauen. Wir anderen kamen oft in den Genuss, hohe 8ter und sogar 9+ Routen bewundern zu dürfen. Total beeindruckend!! Nach jeder Gruppe wurden die Videos mit den Trainern analysiert und abgeknickt oder leider wie im Fall meiner zweiten Kolleginnen zur Wiederholung gebeten. Das war bitter. Ich konnte mich nicht so recht über meinen Erfolg freuen, denn meine zwei Seilpartnerinnen waren doch eigentlich auch guter Dinge und nun sichtbar überrascht. Wir übten also nochmal zusammen und nach einem weiteren Versuch kamen die beiden natürlich auch durch.
Von zwölf angetreten Kletterbetreuern, konnten zwölf zum Trainer C ausgebildet werden. Von zwölf neuen Gesichtern, konnte ich ebenfalls zwölf neue und interessante Bekanntschaften machen. Keiner gleicht dem anderen, aber wir alle hatten nicht nur das gleiche gemeinsame Hobby Klettern, sondern alle das Ziel und den Willen den Trainer C zu bestehen und möglichst viel aus dem Kurs mitzunehmen. Ich bin den Trainern Winfried und Roland sehr dankbar für die super Organisation, die tollen Gespräche, den Unterricht und all dem drum herum, dass ich schon fast ein wenig wehmütig bin, morgen wieder abzureisen und vermutlich sobald keinen der beiden und auch der zwölf Teilnehmer wieder sehen werde. Man nimmt sich zwar immer viel vor, will sich mal treffen oder in Kontakt bleiben, aber wenn man ehrlich ist, sind wir alle erstmal zu Hause, holt uns doch der Alltag ein und für viele kommen mit dem Trainerschein auch neue Aufgaben hinzu. Ich hoffe trotzdem der/die ein oder andere hält sein Wort und auch ich halte was ich versprochen habe. Danke möchte ich auch meiner Sektion sagen, für das Vertrauen und die Möglichkeit mir so etwas Besonderes zu ermöglichen.
Tschüss aus Kassel euer Matthias Hamann
Trainer C Sportklettern Breitensport Indoor