2. Woche vom 2. Juni bis 7. Juni 2013

Sonntag, 02. Juni, bis Dienstag, 04. Juni 2013
Detlef Ludwig aus Werdau und ich sind die Hilfsarbeiter der zweiten Bauwoche auf der Hütte. Zuvor müssen wir aber noch am Sonntag, dem 2. Juni, bei Berchtesgaden einen Heizstab für den neuen Wärmepuffer abholen. Das Hochwasser, welches in Bayern und Österreich viel Schaden angerichtet hat, zwingt uns zu riesigen Umfahrungen. Doch dann ist in Freilassing endgültig Schluss. Außerdem erfahren wir, dass der Zillergrund nach Abgang einer riesigen Lawine nicht passierbar ist und der geplante Hubschrauberflug auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Gerade wollen wir resigniert umkehren, da bekommen wir von Ortskundigen einen Tipp. So haben wir nach elf Stunden Fahrt den Heizstab doch noch im Kofferraum. Jetzt müssen wir aber zusehen, dass wir von den immer weiter steigenden Fluten nicht eingeschlossen werden. Also noch einmal weite Umwege, und am Montag, dem 3. Juni, sind wir nachmittags wieder im Vogtland.

Abends dann ein Anruf: Hubschrauberstart morgen 8:30 Uhr im Zillergrund am Gasthof Häusling. Das heißt: Nachtfahrt. Am nächsten Morgen um sieben Uhr sind wir im Zillergrund. Der Hubschrauber wird derweil noch zu Lawinensprengungen gebraucht und kommt erst gegen elf. Dann zieht auch noch das Wetter zu und die Flugsicht ist schlecht. So schlecht, dass die erste Mannschaft auf der neu gebauten Gaupe abgesetzt wird und vom Dach der Hütte nach unten rutschen muss. Gott sei Dank, dass der Schnee bis zum Dach hinauf reicht. Nun sind zwar Bauleute, Pächter und wir zwei Helfer auf der Hütte, aber wegen der Wetterverschlechterung kommen persönliches Gepäck, Verpflegung und Material nicht mehr nach oben. Dann noch eine böse Überraschung: In der Dielung des Winterraums hat sich der Schwamm eingenistet! Gemeinsam mit unserem Planer Michael Widmann wird ein Entschluss gefasst – wenn auch mit Bauchschmerzen wegen der Finanzierung: Eine Betondecke muss eingezogen werden. Also beginnen Detlef und ich mit dem Abbau der Lager. Jedes Brett nummerieren wir dabei für den Wiedereinbau.

Mittwoch, 05. Juni 2013
7 Uhr: Arbeitsbeginn. Der Winterraum ist bis Mittag von Detlef und mir vollends demontiert. Vormittags kommt der Hubschrauber und mit ihm das dringend benötigte Baumaterial sowie die Verpflegung. Im Boden des Lebensmittellagers ist derweil ein Fels mit der HILTI abzumeißeln. Das wird Detlef und mich noch bis morgen beschäftigen. Detlef versucht zwischendurch, den Baudreck aus der Hütte heraus zu kriegen – eine Sisyphusarbeit. Zwischendurch schaufelt er auch immer wieder Schnee und entnagelt Bretter und Balken. Ich versuche, in der Seilbahnhütte Baufreiheit zu schaffen und stoße dabei auf Unmengen von Unrat als Hinterlassenschaft unserer früheren Pächter. Dann drückt mir Erwin, der Maurerpolier, Spitzhacke und Brechstange in die Hand. Neben der Seilbahn sind Löcher für Fundamente auszuheben; der Anbau wird später den Dieselgenerator, die Batterien und die Wechselrichter aufnehmen. Detlef schleppt Wasser für das Betonieren heran. Das Absenken des Winterraumbodens hinterlässt große Mengen an Schutt, also heißt es für uns wieder: schaufeln, kehren und hinausschleppen. In der Küche wird die neue Decke eingezogen. Bedeutet: Dort kann nicht gekocht werden. Michael und Edith werden im wahrsten Sinne des Wortes zu Zauberern und es gelingt ihnen, unter einfachsten Bedingungen alle hungrigen Mägen zufriedenzustellen. Erst gegen 22 Uhr hören die Handwerker auf mit arbeiten. Unglaublich, was sie in einem Tag alles schaffen. Wir fallen todmüde ins Bett.

Donnerstag, 06. Juni 2013
Am heutigen Abend können Detlef und ich eine stolze Bilanz ziehen. Wir haben den Fels vollständig abgemeißelt, haben zig Zentner Zementsäcke transportiert, Schnee geschaufelt, Schutt weggetragen und Dreck beseitigt. Zudem auch beim Aufrichten der viele Zentner schweren Seitenwand am Anbau der Seilbahn geholfen und die Fluchttür zur Terrasse abgebaut. Die Türöffnung hatte der Mauer sogar bis zum Abend schon zugemauert. Als mich Erwin abends dann noch bittet, ihm beim Eisenflechten zu helfen, muss ich passen – ich kann mich einfach nicht mehr bücken. Nun zeigt Detlef, wie schnell er sich zum Eisenflechter qualifiziert hat. Die Zimmerleute haben u.a. die Fenster in den Gaupen eingebaut und das Vordach demontiert, die Installateure konnten die Heizungsrohre und den Wärmepuffer anschließen und die Trockenbauer haben die Küchendecke fast fertig und im Untergeschoss Wände gesetzt, der Elektriker ist mit seinen Installationen weit vorangekommen – jeder Tag bringt enorme Fortschritte. Allerdings ist absehbar, dass die Bauarbeiten in der nächsten Woche noch nicht abgeschlossen sein können. Außerdem wird die Hütte erst später öffnen können. Der Weg aus dem Tal ist wegen des vielen Schnees noch eine ganze Weile wohl nicht passierbar.

Freitag, 07. Juni 2013
Für Detlef und mich stehen heute wieder mal Schnee schippen und Bretter wegräumen auf dem Programm, denn für die zukünftige Küchenlüftung soll von außen her eine Kernbohrung erfolgen. Nach dem Gesetz der größten Gemeinheit liegt aber gerade an eben jener Stelle ein riesiger Holzhaufen unter dem höchsten Schneehaufen. Zwischendurch heißt es dann mal schnell die Seilbahnhütte sauber zumachen, damit der Dieselgenerator sich nicht mit Sägespänen zusetzt. Als der Hubschrauber den Beton für den Winterraumboden rauf bringt, ist für uns Fototermin und gleich darauf Rückflug ins Tal. Wir nehmen den allergrößten Respekt vor der enormen Leistung der Handwerker und unserer neuen Pächter mit nach Hause – und ein arg strapaziertes Kreuz.

Jens Kittel

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