4. Woche vom 17. bis 21. Juni 2013
Die Bauarbeiten dauern aufgrund der zurückliegenden extremen Wetterbedingungen noch eine Woche länger. Eigentlich kann ich es mir zeitlich gar nicht leisten, nochmals einige Tage auf der Hütte zuzubringen. Bei allen anderen Verantwortlichen sieht es jedoch noch schlechter aus. Also erledige ich meinen wichtigsten beruflichen Kram in der Nacht zum Montag und hole noch Markus, den neuen Koch unserer Pächter, in Wunsiedel ab.
Am Hubschrauberlandeplatz angekommen, sind erst einmal ein paar Wogen zu glätten, da die Anlieferung der Batteriesätze fast an den Tunneldurchfahrten gescheitert wäre. Reichlich übermüdet springe ich bei der Hütte aus dem Hubschrauber und staune über die Fortschritte der letzten Woche. Eine Fluchtwegtür war vormals im Wege gewesen, durch ihren Abbau ist nun nicht nur der Vorraum größer, sondern es ist auch ein Stück des alten Natursteinmauerwerks der Hütte sichtbar geworden – ein Schmuckstück.
In dieser Woche werden die Trockenbauwände im Seilbahnanbau montiert, die Batterien und die Wechselrichter installiert, elektrische Leitungen zum Dieselgenerator und zur Wasserturbine gelegt. Die Gaupen und das Dach des Batterieraums werden mit Blech verkleidet und in der Hütte werden Fußbodenbeläge sowie im Winterraum Fliesen verlegt. Auch Geschirrspüler, Gasherd und Gasgrill sind nach dieser Woche aufgestellt, die Wände verputzt, die Türschwellen gegossen und viele Kleinreparaturen ausgeführt. Endlich wird auch die hässliche alte Fluchttreppe demontiert. Klingt alles einfach, ist es aber nicht.
Heute am Mittwoch ist mein 69. Geburtstag. Murphys Gesetz: Wenn etwas schiefgehen kann, dann geht es auch schief. Der dringend erwartete Gasmonteur kann nicht rechtzeitig mit dem Hubschrauber hochgeflogen werden. Das heißt für ihn: Er muss zu Fuß nach oben kommen, für sein Material ist die Seilbahn geplant. Ich erhalte telefonisch einen Crash-Kurs in deren Bedienung. Die gibt aber ihren Geist just in dem Moment auf, als der Gasfachmann unten sein Werkzeug eingeladen hat. Elektriker und Küchenservice-Techniker schrauben unter enormen Zeitdruck an dem Motor herum, denn auf keinen Fall darf der Gasinstallateur wieder unverrichteter Dinge nach Hause fahren. Schließlich klappt es soweit, dass wenigstens für eine Fahrt ein Notbetrieb möglich ist. Wie soll aber ohne Seilbahn die Hütte in einer Woche in die Saison starten? Jetzt hilft nur noch mein Spruch „Alles wird gut!“ An diesem Nachmittag sind sowieso Hubschrauberflüge geplant. Auf meinen Hilferuf hin stellen die Seilbahnspezialisten Vater und Sohn Kreidl alle anderen wichtigen Aufträge hinten an, fliegen zu uns hoch, reparieren das Wichtigste und steigen 18 Uhr zu Fuß wieder ab. Ich bin nun doppelt beruhigt: nicht nur dass die Seilbahn wieder geht, sondern auch, dass es kein Bedienungsfehler, sondern normaler Verschleiß war.
Am dritten Tag hat die Turbine die Batterien bereits soweit aufgeladen, dass wir den Dieselgenerator nicht mehr ständig laufen lassen müssen – eigentlich das Kernstück unserer Sanierungspläne. Zwischen der Kreissäge und mir beginnt in dieser Woche eine wunderbare Freundschaft. Sobald ich ihr ein Brett hinhalte, macht sie daraus handliches Feuerholz. Nach fünf Tagen höre ich zwar etwas schwer, aber dafür sind einige Festmeter Holz verschwunden. Hüttenwart Jens Winkelmann trifft am Freitagvormittag mit den ersten Helfern ein. Es gibt für sie noch sehr viel Arbeit, um die Hütte sauber zu bekommen und das Gelände von den Abfallbergen zu befreien. Es überwiegt aber auch bei ihnen die Begeisterung über den gelungenen Umbau. Krönender Abschluss für mich ist ein rasanter Hubschrauberflug ins Tal, der jedem James-Bond-Film alle Ehre gemacht hätte.
Mein Fazit: Dass in vier Wochen tatsächlich alles Geplante geschafft wurde, grenzt an ein Wunder. Möglich wurde es nur dank der enormen Anstrengungen aller Beteiligten. Vielen Dank, ganz besonders an die exzellenten Handwerker und Helfer aus unserer Sektion sowie natürlich unsere noch vor der Hütteneröffnung einer harten Bewährungsprobe ausgesetzten Pächter!
Jens Kittel