Schnupperklettern und Familienklettern

 

Schnupperklettern und Familienklettern ‑  Impressionen eines Kletterneulings

 

Bald nach dem Familienklettern hat mich ein Anruf von Schumi erreicht, bei dem er mich gefragt hat, ob ich als Neuling nicht mal meine Perspektive zum Familienklettern zu Papier bringen möchte. Vielleicht wollen die alten Hasen ja mal wieder etwas zu lachen haben, wenn ich die wenigen Fachbegriffe, die ich schon aufgeschnappt habe, gnadenlos durcheinanderbringe. Womöglich, weil das Adrenalin des zweiten Kletterausflugs in meinem Leben noch nicht ganz abgebaut war, habe ich trotzdem beschwingt zugesagt.

 

Schnupperklettern am 27. April 2024

Bei bestem Wetter wurden meine Tochter, drei weitere Kletterneulinge und ich zur Schafswand  geführt. Dort angekommen haben wir von Thomas, Schumi, Henry und Manfred die Kommandos “Zu” und “Ab” gelernt und gezeigt bekommen, wie wir uns beim Ablassen verhalten müssen. Dass das sinvoll war, wurde schnell deutlich: Auf den leichten Routen war man zügig oben. Die Herausforderung, sich ins Seil zu lehnen und dann auch noch die Füße so zu sortieren, dass man nicht am Fels herumpendelte, war beim ersten Versuch für so manchen von uns deutlich größer. Aber wir haben uns schnell daran gewöhnt und waren bald voll motiviert, die vorbereiteten Routen hochzuklettern. Die Profis haben uns geduldig gesichert, während wir Anfänger bis in den Nachmittag hinein im Toprope kletterten. Vom Kletterfieber gepackt, verkündeten wir allesamt, zum Familienklettern gleich wiederzukommen und wo noch nicht geschehen, Kind und Kegel mitzubringen.

 

Familienklettern am 5. Mai

Das Familienklettern stand dann wetterbedingt allerdings kurz vor der Absage. Schumi hat jedoch einen Tag zuvor verkündet, dass er es darauf ankommen lässt und somit standen wir fast pünktlich am Wendelstein auf der Matte. Die Teilnehmerzahl war zu Anfang noch sehr überschaubar. Wie sich schnell zeigte, aus gutem Grund: Es fing an zu nieseln. Die Kinder waren damit beschäftigt, Höhlen und Felsspalten zu erkunden und wurden nicht allzu nass. Wir übrigen haben trotzdem versucht zu klettern, wobei wir auf ein unangenehmes Hindernis stießen: Nässe und Blütenstaub hatten den Felsen vor allem im unteren Bereich extrem schmierig gemacht. Aber davon ließen wir uns nicht abhalten. Als ich gerade den schmierigsten Abschnitt überwunden hatte, fing es dann aber richtig an zu regnen. Wieder stand das Familienklettern kurz vor dem Abbruch.

Doch dann kam die Sonne durch, trocknete den Fels, erhellte die Gemüter und lockte nach und nach immer mehr große und kleine Kletterer an den Wendelstein. Am Ende hatten 26 Kraxler trotz des bescheidenen Wetters den Weg nach Grünbach gefunden.  Für uns als Neulinge war bemerkenswert, wie locker der Umgang miteinander war und wie hilfsbereit und geduldig die erfahrenen Kletterer uns Auskunft und Rat gaben. Man hat sich aber nicht nur über das Klettern, sondern auch über andere Themen wie die Marotten des jeweiligen Nachwuchses ausgetauscht ‑  das Universalthema junger Eltern. Ein Highlight war sicherlich, wie Christoph mit seiner kleinen Tochter vor sich unter mal mehr, mal weniger lautem Gejammer den Fels hochgeklettert ist. Mein persönliches Highlight war allerdings, dass Andreas H. (Zitat meiner Tochter: “Papa, der sieht aus wie ein Pirat”) mich kurzerhand gebeten hat, ihn zu sichern. An dieser Stelle bietet die gewünschte Neulingsperspektive vielleicht tatsächlich etwas Mehrwert gegenüber dem Bericht eines erfahrenen Kletterers: Einfach so die Verantwortung für die Gesundheit oder sogar das Leben eines mehr oder weniger Unbekannten übergeben zu bekommen, ist etwas, an das man sich erst einmal gewöhnen muss. Es drückt großes Vertrauen aus und zwingt einen zu höchster Aufmerksamkeit. Ich habe dabei jedenfalls mehr geschwitzt als beim Klettern selbst.

 

Ivo Weykopf

 

Zurück